Vom Umgang mit den Toten. Sterben im Krieg von der Antike bis zur Gegenwart

Gemeinsame Tagung des Arbeitskreises Militärgeschichte (AKM), des Arbeitskreises für Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit (AMG) und des Bayerischen Armeemuseums Ingolstadt
Datum: 
Donnerstag, 18. September 2014 bis Samstag, 20. September 2014
Ort: 
Ingolstadt
Deadline: 
Samstag, 15. Februar 2014
Die Sprengung der Godesburg am 17.12.1583  (Ausschnitt), Inv. Nr. 0160-2012 © Bayerisches Armeemuseum

Töten und Sterben sind konstitutive Bestandteile des Krieges. Das gegenseitige Töten und die Toten bilden eine elementare Herausforderung kriegerischen Planens, Handelns und Denkens. Das eigene Sterben sowie das Töten des Gegners sind für alle am Krieg beteiligten Akteure zu jedem Zeitpunkt explizit oder implizit präsent. Die Geschichte des Krieges als Geschichte des Todes zu schreiben, führt ins Zentrum einer Militärgeschichte als Geschichte organisierter Gewalt.

Die Tagung nimmt die Praktiken im Umgang mit dem Tod der Kombattanten im diachronen und transkulturellen Vergleich in den Blick. Jede Gesellschaft, heroisch oder postheroisch, ist auf die Unterstützung zumindest eines Teiles ihrer Mitglieder angewiesen, um Kriege zu führen. Der Rechtfertigungsdruck, den jeder Krieg erzeugt, nimmt durch Anzahl und Qualität der Kriegstoten zu. Diese werden daher heroisiert, marginalisiert, ökonomisiert, kontextualisiert und geleugnet. Sterben umfasst dabei immer auch eine praktisch-technische Dimension: Wie verschafft man sich einen Überblick über die Toten, ihre Anzahl ("body count") und ihre Identität? Wie werden die sterblichen Überreste behandelt? Wie wird die Nachricht vom Tod den Familien überbracht? Welche Öffentlichkeiten erzeugt die Kommunikation über die Toten eines Krieges?

Der Umgang mit dem Tod im Krieg findet zu verschiedenen Zeitpunkten auf unterschiedlichen Diskurs- und Praxisebenen statt. Grundlegend lassen sich auf zwei Ebenen vier Kategorien von Kriegstoten unterscheiden: nach Freund und Feind und nach Kombattanten und Nichtkombattanten. Diese Einordnung beeinflusst die gesellschaftliche Einstellung und wirkt sich auf die jeweiligen Praktiken und individuellen Verarbeitungsstrategien aus. So kann man diverse Diskurse unterscheiden: der Kombattanten und Nichtkombattanten, der betroffenen Familien, derjenigen in Regierungsverantwortung, der Geschichtsschreibung und der Wissenschaft. Kriegstote sind dabei in allen Phasen des Krieges präsent: Im Vorfeld der Kampfhandlungen als Teil militärischer Planung und praktischer Vorbereitung sowie der kriegsunterstützenden Propaganda. Im Kontext der Kampfhandlungen selbst sind Tote ein logistisches Problem auf dem Schlachtfeld, eine Herausforderung für die Kommunikationsstrukturen und die Motivation der überlebenden Kämpfenden. Nach dem Kampf werden Begräbnisse und Transporte von Kriegstoten in die Heimat organisiert und Bewältigungsstrategien entwickelt.

Für den diachronen Vergleich bieten sich verschiedene Leitfragen und Themenfelder an:

Kriegstote als Kategorie

Welche Unterscheidungen trifft eine Gesellschaft zwischen den Toten ihrer Kriege und ihren anderen Toten? Wo verlaufen die Grenzen und welche Konsequenzen ergeben sich in Hinblick auf die rechtliche und soziale Stellung der Toten sowie die Ansprüche der Hinterbliebenen?

Praktiken im Umgang mit toten Körpern

Sowohl das massenhafte Sterben als auch der Tod namhafter Individuen zwingen zu Handlungen und fordern Reaktionen heraus. Welche Praktiken lassen sich im Umgang mit den Leichen beschreiben und sind diese Teile der logistischen Planung oder des operativen Handelns? Wie werden die Toten identifiziert, überführt und bestattet?

Hierarchisierung von Kriegstoten

Das Sterben im Krieg wirkt nicht nivellierend, vielmehr werden den Kriegstoten verschiedene Wertigkeiten zugeschrieben und im Umgang mit ihnen soziale Hierarchien etabliert. Welche Bedeutung haben Art und Kontext des Todes, etwa ob jemand in der Massenschlacht getötet wurde oder in Gefangenschaft gestorben ist, im Vergleich zum sozialen Status der Toten und ihrer Stellung in der militärischen Hierarchie?

Reflexion über Kriegstote

Kriegführende Gesellschaften entwickeln im Umgang mit den eigenen und den gegnerischen Toten spezifische Kommunikationsstrategien. Welche Möglichkeiten und Grenzen bestehen für die Thematisierung und Visualisierung der Tötung im Krieg? Welche religiösen Bewältigungsmuster werden etabliert und welche Funktion übernehmen rituelle Formen des Trauern und Gedenkens?

Der Tod im Krieg als Thema von Wissenschaft und Museum

Ausgehend vom Tagungsort "Armeemuseum" lässt sich danach fragen, wie das Sterben im Krieg zum Thema von Ausstellungen und musealer Präsentation geworden ist und künftig werden kann. Welche Arten des Sprechens über die Toten des Krieges finden sich in Wissenschaft und Museen, welchen Begrenzungen existieren hinsichtlich der Darstellung, Zeigbarkeit und Ästhetisierung?

Die Tagung verfolgt einen epochenübergreifenden und interdisziplinären Zugriff, die Kriege der Antike sollen ebenso Berücksichtigung finden wie die der Gegenwart. Eine Erweiterung der historischen Perspektive um Beiträge aus den Literaturwissenschaften, der Kunst-, Musik-, Film- und Fotogeschichte sowie den Museumswissenschaften ist ausdrücklich gewünscht.

Bitte schicken Sie Ihre Exposés (max. 2500 Zeichen) bis spätestens 15.02.2014 an PD Dr. Martin Clauss (martin.clauss@uni-koeln.de) und Dr. Stefanie Rüther (ruether@kustodie.uni-goettingen.de). Die Auswahl der Beiträge erfolgt bis Anfang März 2014.

Die Veranstalter übernehmen die Kosten für die Unterkunft und die Fahrtkosten bis zur Höhe einer Zugfahrt 2. Klasse innerhalb Deutschlands.

Tagungsort:  Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Neues Schloss, Paradeplatz 4, 85049 Ingolstadt

Wissenschaftliche Leitung:  PD Dr. Martin Clauss (Universität zu Köln), Dr. Stefanie Rüther (Universität Göttingen)

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Kontakt:

PD Dr. Martin Clauss

Histoirsches Institut

Universität zu Köln

Albertus-Magnus-Platz

50923 Köln

martin.clauss@uni-koeln.de