Deutsche Militärgeschichte in Europa, 1945-1990

Repräsentation, Organisation und Tradition von Streitkräften in Demokratie und Diktatur (60. ITMG)
Datum: 
Dienstag, 17. September 2019 bis Donnerstag, 19. September 2019
Ort: 
Potsdam
Deadline: 
Montag, 2. September 2019

Neben dem anhaltenden Trend zu transnational angelegten historischen Studien hat sich in jüngster Zeit das Interesse an einer gesamtdeutschen Zeitgeschichtsschreibung verstärkt. Diskutiert wird, ob und in welchen historischen Bereichen es angesichts der entgegengesetzten Staats- und Gesellschaftsordnungen sinnvoll ist, die Geschichte von Bundesrepublik und DDR gemeinsam in den Blick zu nehmen und aufeinander zu beziehen. Weiterhin ist klärungsbedürftig, mit welchen Konzepten Historikerinnen und Historiker eine „deutsch-deutsche“ Geschichte schreiben können. Schließlich stellt sich die Frage, wie sich die deutsche Geschichte nach 1945 in einen international-europäischen Rahmen integrieren lässt. Die militärgeschichtliche Dimension wurde in diesen Debatten bislang kaum berücksichtigt. Gleichwohl haben erste Arbeiten des am ZMSBw angesiedelten Forschungsprojektes „Deutsche Militärgeschichte 1970-1990“ gezeigt, wie fruchtbar eine beide deutsche Staaten integrierende Perspektive ist, die auch den europäischen Rahmen berücksichtigt. Die Tagung greift dieses Desiderat auf und schlägt mit Repräsentation, Organisation und Tradition Zugänge zu diesem Forschungsfeld vor, die als analytische Leitlinien dienen und das Tagungsthema strukturieren. Das Konzept der Repräsentation, das die Selbst- und Fremdbilder, den gesellschaftlichen Stellenwert der Streitkräfte und ihre symbolische Praxis in den Vordergrund rückt, bietet Anknüpfungspunkte für kultur-, politik- und sozialgeschichtliche Methoden. Organisationstheoretische Ansätze ermöglichen den Blick auf die jeweiligen Wehrverfassungen wie auch auf Bündnis- und Binnenstrukturen des Militärs. Das Problem der Tradition rückt die Frage nach Brüchen und Kontinuitäten in der doppelten deutschen Militärgeschichte nach 1945/49 in den Blick. Vor diesem Hintergrund verfolgt die Tagung drei Ziele. Erstens nimmt sie die militär- und sicherheitspolitischen, zivil-militärischen sowie binnenmilitärischen Beziehungen im Kontext übergreifender Epochentendenzen in den Blick. Damit bezieht die Tagung gegenwärtige zeitgeschichtliche Forschungstendenzen auf das Militärische und unterstreicht die Relevanz militärhistorischer Fragen auf diesen Feldern. Zweitens sind Konvergenzen und Divergenzen zwischen Ost und West – wechselseitige Wahrnehmungen, Beziehungen, Parallelen und Abgrenzungen – auf deutscher und europäisch-internationaler Ebene auszumessen. Drittens schließlich soll die immer noch anzutreffende teleologische Betrachtung der Bundesrepublik als Erfolgs- und der DDR als Misserfolgsgeschichte überprüft werden.

Veranstalter: ZMSBw; Prof. Dr. Jörg Echternkamp, Dr. Christoph Nübel

 

Programm

Dienstag, 17. September 2019

11.30 – Anmeldung, Begrüßungskaffee

13.15 – Begrüßung Jörg Hillmann, Kommandeur ZMSBw, Michael Epkenhans, Leitender Wissenschaftler ZMSBw

13.30-14.00 – Einführung Jörg Echternkamp, Christoph Nübel (Potsdam)

14.00-15.00 – Impulsreferate I

Moderation: Agnes Bresselau von Bressensdorf (Berlin/München)

Mark Kramer (Cambridge, MA), Germany, the East-West Military Confrontation, and the Cold War

Sari Autio-Sarasmo (Helsinki), Between East and West: The Cold War in Europe

15.00-15.30 – Kaffeepause

15.30-16.00 – Impulsreferate II

Hermann Wentker (Berlin), Das doppelte Deutschland und die Streitkräfte. Chancen und Grenzen einer deutsch-deutschen Militärgeschichte

16.00-17.00 – Diskussion

17:00-17.30 – Kaffeepause

17.30-19.30 – Buchpräsentation: Dokumente zur deutschen Militärgeschichte 1945-1990

Begrüßung und Einführung: Jörg Hillmann, Kommandeur ZMSBw, Michael Epkenhans, Leitender Wissenschaftler ZMSBw

Vorstellung des Bandes: Eckart Conze (Marburg), Dokumente zur deutschen Militärgeschichte 1945-1990

Übergabe des Bandes: Christoph Links, Ch. Links Verlag

Öffentlicher Empfang

19.30 – Abendessen

 

Mittwoch, 18. September 2019

09.00-10.30 – Panel I: Außenansichten deutscher Streitkräfte

Moderation: Jörg Echternkamp (Potsdam)

Kathleen J. Nawyn (Washington, D.C.), “Highly Capable Men”: The U.S. Army in Europe and the German Officer Corps, 1945-1949

Peter Speiser (London), „Panzers welcome?“ - Britische Reaktionen auf die Schießübungen der Bundeswehr in Wales, 1961

Michael M. Olsansky (Zürich), „Nicht gerade zackig hier…“ – Schweizerische Innenansichten aus der Bundeswehr und Fernsichten auf die NVA (1959-1970)

10.30-11.00 – Kaffeepause

 

11.00-12.30 – Panel II: Gesellschaftliche Urteile in der nationalen Binnenperspektive

Moderation: Jürgen Elvert (Köln)

Claudia Kemper (Hamburg), Die west- und ostdeutsche Friedensbewegung über Militär und Militarismus. Herausforderungen und Chancen für eine deutsch-deutsche Annäherung

Heiko Biehl/Timo Graf (Potsdam), Öffentliche Meinung zu Sicherheitspolitik und Streitkräften in Demokratie und Diktatur: Ein Beitrag zur Soziologie zivil-militärischer Beziehungen in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR

Rüdiger Wenzke (Potsdam), Zwischen Renitenz und Verweigerung. Zum Umgang mit nonkonformistischen Verhaltensweisen von Soldaten in beiden deutschen Streitkräften

12.30-14.00 – Mittagessen

 

14.00-15.30 – Panel III: Die politische Organisation der Streitkräfte

Moderation: Nina Leonhard (Potsdam)

Rudolf Schlaffer (Potsdam), Die militärische Spitzengliederung in der Bundesrepublik und der DDR

Dorothee Hochstetter (Potsdam), Verteidigungsausschüsse in Bundestag und Volkskammer. Organisation, Repräsentation und Praxis parlamentarischer Verteidigungspolitik

Michael Epkenhans (Potsdam), Veteranenorganisationen und Politik im geteilten Deutschland

15.30-16.00 – Kaffeepause

 

16.00-17.30 – Panel IV: Die militärische Organisation der Streitkräfte

Moderation: Dorothee Brantz (Berlin)

Klaus Storkmann (Potsdam), Divisionen, Brigaden, Regimenter: Zwei deutsche Landstreitkräfte im Vergleich

Klaus Schroeder (Wilhelmshaven), „Politische Bildung“ und „politisch-ideologische Arbeit“ in der Dienst- und Ausbildungsstruktur von Bundeswehr und Nationaler Volksarmee

Václav Šmidrkal (Prag), Staging Socialist Military: Performing Arts in the Armed Forces of Czechoslovakia, GDR and Poland

18.00 – Abendessen

 

19.00-20.30 – Abendvortrag

Begrüßung und Einführung: Michael Epkenhans, Leitender Wissenschaftler ZMSBw

Dominik Geppert (Potsdam), Deutsch-deutsche Geschichte im Kalten Krieg

20.30-22.00 – Öffentlicher Empfang

 

Donnerstag, 19. September 2018

09.00-10.30 – Panel V: Narrative und soziale Praxis der Traditionsstiftung

Moderation: Cornelia Grosse (Potsdam)

John Zimmermann (Berlin), Zwischen Mythologie und Ideologie – Tradition in der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee

Jens Boysen (Warschau), Schimmernde Wehr über den Regimen. Traditionspflege und öffentliches Repräsentationswesen der Polnischen Armee als moralische Stütze der ‚ewigen Nation‘ 1918-2018

Bastian Matteo Scianna (Potsdam/London), Repräsentation und Tradition im Österreichischen Bundesheer nach 1955: eine deutsch-deutsch-österreichische Verflechtungsgeschichte?

10.30-11.00 – Kaffeepause

 

11.00-12.30 – Panel VI: Tourismus, Bedrohung, Militärkultur

Moderation: Christoph Nübel (Potsdam)

Jan-Hinnerk Antons (Hamburg), Zum ambivalenten Verhältnis von Militär und Tourismus in BRD und DDR

Georg Schild (Tübingen), Bedrohungswahrnehmungen in der Regierung Reagan

Thorsten Loch (Berlin), Der Kulturraum des Militärischen in Ost und West

 

12.30 – Abschlussdiskussion

13:00 – Ende der Veranstaltung