Psychiatrie im Ersten Weltkrieg
Nach dem deutschen Heeressanitätsbericht wurden im Ersten Weltkrieg über 600.000 Soldaten wegen Nervenleiden behandelt, davon 313.000 neurologisch Traumatisierte. Die neue Waffentechnik und der Stellungskrieg hatten die Soldaten vorher nicht bekannten, lang andauernden Belastungen ausgesetzt, die ihre Opfer forderten.
Die internationale historische Tagung geht der Frage nach, wie in der psychiatrischen Praxis mit psychisch traumatisierten Soldaten aus Deutschland, Österreich, Frankreich, England und Italien in der Zeit des Ersten Weltkriegs umgegangen wurde. Die Tagung will damit die in Fachzeitschriften, Kongressen und militärärztlichen Kommissionen geführten Diskussionen ergänzen und diese zudem um die Frage nach dem heutigen Stand der Forschung in Bezug auf psychische Krankheitssymptome in Folge von Kriegsereignissen erweitern.
Veranstaltungsort: Schwabenakademie Irsee, Klosterring 4, 87660 Irsee
Tagungsgebühr: € 60 | Studierende (gegen Vorlage des Studierendenausweises / ohne Seniorenstudium) frei
-----------------------------------------------------
Programm:
Donnerstag, 4. Februar 2016
09.00 Kaffee und Imbiss
10.00 Begrüßung und Einführung - Thomas Becker (Ulm) | Heiner Fangerau (Köln) | Peter Fassl (Augsburg) | Hans-Georg Hofer (Münster)
10.30 Sektion I - Psychiatrisches Handeln im Ersten Weltkrieg
Moderation: Peter Fassl
Dave Bandke (Linz): Zwischen Finden und Erfinden. Eine Analyse der "Kriegsneurosen" an der Nervenheilanstalt am Rosenhügel in Wien zur Zeit des Ersten Weltkriegs
Uta Kanis-Seyfried (Ulm): Traumatisierte Soldaten des Ersten Weltkriegs in den ehemaligen Heil- und Pflegeanstalten Ravensburg-Weissenau (Württemberg) und Reichenau (Baden)
Petra Schweizer-Martinschek (Irsee) | Corinna Malek (Kaufbeuren): Die Behandlung traumatisierter Soldaten in der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee und die Frage des Hungersterbens
12.30 Mittagessen
13.30 Fortsetzung Sektion I
Christoph Bartz-Hisgen (Heidelberg): Das Beobachtungslazarett für psychisch versehrte Soldaten an der Universitätsklinik Heidelberg. Die militärärztliche Begutachtung und die Folgen ihrer Praxis
Felicitas Söhner (Ulm): Arbeit in der Psychiatrie im Ersten Weltkrieg - zwischen Therapie und Ökonomie
15.00 Kaffeepause
15.30 Sektion II - Transnationale und vergleichende Perspektiven
Moderation: Hans-Georg Hofer | Thomas Becker
Vinzia Fiorino (Pisa): Hysterical men, regression to childhood, naked men on the run. Some reflections on clinical reports during World War I
Christine van Everbroeck (Brüssel): Armee, Gesellschaft und Kriegsneurosen im Ersten Weltkrieg in Belgien
Marie Derrien (Lyon): A new role for asylums? Soldiers' experiences of institutionalization during World War I in France
Susanne Michl (Mainz): "Invalide du courage" - Kriegsneurotiker in der französischen Psychiatrie
Andrea von Hohenthal (Freiburg i. Br.): Die Entwicklung der Psychologie im Ersten Weltkrieg - Großbritannien und Deutschland im Vergleich
19.00 Abendessen
20.00 Abendvorträge
Sir Simon Wessely (London): "Happy Birthday Shellshock"
Stephanie Linden (Cardiff): They called it Shell Shock - the British perspective on war trauma in World War I
Freitag, 5. Februar 2016
09.00 Sektion III - Die Entwicklung nach 1918 - Die Auseinandersetzung mit den Folgen des Krieges
Moderation: Thomas Becker
Lena Christolova (Konstanz): Der Krieg und die Nerven. Zeitgenössische Dokumentationen posttraumatischer Symptome als Folge des Ersten Weltkriegs und der Film NERVEN von Robert Reinert (Deutschland 1919)
Andreas Enderlin (Wien): Der zerbrochene Mann in psychiatrischer Obhut. Kriegsbeschädigtenfürsorge nach dem Ersten Weltkrieg
Stephanie Neuner (Berlin): Zur sozioökonomischen und gesundheitlichen Situation psychisch versehrter Soldaten nach 1918
Maike Rotzoll (Heidelberg): Neue Taktik an der therapeutischen Front? Zur Bedeutung des Ersten Weltkriegs für Behandlungskonzepte in der zivilen Psychiatrie
Peter Steinkamp (Berlin): "Zweimal eingezogen". Zum Schicksal psychisch kranker Weltkriegsteilnehmer bei der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg
12.30 Mittagessen
13.30 Sektion IV - Kontroversen und Deutungen
Moderation: Heiner Fangerau
Philipp Rauh (Nürnberg-Erlangen): Der Kriegspsychiatrische Kongress - die Beschlüsse der Münchner Tagung vom Mai 1916
Maria Hermes (Bremen): Deutungen des Krieges mit psychiatrischen Krankheitskonstruktionen im engeren Sinn
Julia Barbara Köhne (Berlin): Hysterische Krieger. Strategische Bilder in der europäischen Militärneuropsychiatrie-Kinematographie
Hans-Georg Hofer (Münster): Freud, Wagner-Jauregg und die Kontroverse über die Behandlung der Kriegsneurosen
Ralf Seidel (Mönchengladbach): Weltkrieg und Moderne. Die nervenärztliche Praxis und der Deutungsanspruch der Psychiatrie
17.30 Schlussdiskussion
18.30 Ende der Tagung
----------------------------------
Kontakt:
Markwart Herzog
Schwabenakademie Irsee
Klosterring 4
87660 Irsee
(t) +49 (0)8341 906 660
(f) +49 (0)8341 906 669
(@) markwart.herzog@schwabenakademie.de