Jahrestagung 2018 des Arbeitskreises Militärgeschichte in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Interdisziplinäre Konfliktlandschaftsforschung sowie dem Historischen Seminar der Universität Osnabrück
Marc Hansen
Veröffentlicht am: 
09. Februar 2018

Die Jahrestagung des Arbeitskreises Militärgeschichte im Jahr 1996 ist der Frage nachgegangen: Was ist Militärgeschichte? Mehr als zwei Jahrzehnte später soll die Frage der Jahrestagung 2018 lauten: Wer betreibt Militärgeschichte?

Nachdem sich das Forschungsfeld nicht nur erneuert, sondern auch ausdifferenziert hat und in einen Dialog mit zahlreichen anderen Disziplinen getreten ist, bereichern heute ebenso Beiträge aus Soziologie und Psychologie die Militärgeschichte, wie Studien, die sich in den Kultur- oder Literaturwissenschaften verorten. Mit der sich aus ihrem ursprünglichen Epochenzusammenhängen emanzipierenden Archäologie hat schon vor einiger Zeit ein neuer Spieler auch die moderne Militärgeschichte erweitert, während sich mit der zunehmenden kritischen Musealisierung der Gesellschaftsgeschichte kriegerischer Gewalt und ihrer Institutionen auch Didaktik und Pädagogik aufs engste mit der Militärgeschichte verknüpft haben. Nachbardisziplinen wie die Kunstgeschichte oder Historische Migrationsforschung leisten inzwischen ebenso Beiträge zu Debatten, die vor einiger Zeit noch in der Isolierung einer in sich zusehends fragmentierten Geschichtswissenschaft verlaufen wären. Schließlich greifen nun auch die Lebens-, Natur- und Technikwissenschaften in militärgeschichtliche Fragestellungen ein. Forensische und gerichtsmedizinische Methoden aus diesen Kontexten sind inzwischen ebenso wenig verzichtbar, wie etwa bodenkundliche und geophysische Ansätze oder gar Ergebnisse der Klima- und Umweltforschung.

Militärgeschichte ist zu einem interdisziplinären Unternehmen geworden, und es scheint kaum mehr möglich, eine vollständige Liste der involvierten Wissenschaftszweige zusammenzustellen. Allenthalben öffnen sich neue Perspektiven, erschließen sich neue Zugänge und Möglichkeiten. Dialog und Zusammenarbeit von Wissenschaften, die epistemologisch ebenso wie methodisch, theoretisch und praktisch unterschiedlich fundiert sind, bringen indes auch alle Herausforderungen interdisziplinärer Arbeit mit sich.

Einerseits hat diese Diffusion des Gegenstandes sehr spezialisierte Fragestellungen hervorgebracht, die bisweilen in voneinander isolierten Diskursen vereinzeln oder aus Perspektive anderer Fächer - häufig reziprok - als eine Art hilfswissenschaftliche Zuarbeit verstanden werden. Andererseits haben sich neue Kontroversen um Deutungsansprüche zwischen Disziplinen ergeben, die weit komplexer gelagert sind, als etwa Konkurrenzen zwischen Archäologie und Alter Geschichte. Schließlich erweist sich bereits die Verständigung über Begriffe, Methoden und theoretische Rahmungen zwischen mehr oder weniger nahe beieinander liegenden Disziplinen nicht selten als durchaus mühevoll und spannungsreich. Dabei laufen wir immer wieder Gefahr, das Potential interdisziplinärer Arbeit zu vergeben.

Neben kritischen Beobachtungen steht inzwischen jedoch auch ein sich rasch weitendes Feld produktiver trans- und interdisziplinärer Zusammenarbeit in Projekten, die sich einer perspektivisch und methodisch geöffneten Militärgeschichte zurechnen lassen. Es scheint an der Zeit, diese Entwicklungen zu reflektieren.

Die Jahrestagung des Arbeitskreises Militärgeschichte widmet sich daher der Diskussion des gegenwärtigen Profils und der Entwicklungschancen einer interdisziplinär orientierten Militärgeschichte auf fünf Ebenen:

(1)   durch praktische Einblicke in die methodischen und inhaltlichen Dimensionen dezidiert interdisziplinär aufgestellter militärgeschichtlicher Projekte und Forschungen

(2)   durch Perspektiven auf Methodenbeiträge nicht-geschichtswissenschaftlicher Disziplinen und ihrer theoretischen Konzepte mit Blick auf Schnittstellen und wechselseitige Anschlussfähigkeit

(3)   durch Überlegungen zu den Konsequenzen dieser Forschungspraxis für Position und Entwicklung geschichtswissenschaftlicher Methoden in der Militärgeschichte, aber auch zu Fragen interepochaler Zusammenarbeit

(4)   durch die Diskussion theoretischer und methodischer Implikationen für eine interdisziplinär geöffnete Militärgeschichte bzw. allgemeiner Forschungen zu Gewalt, Militär, Krieg, deren Schauplätzen, Akteuren und Repräsentationen in historischer Perspektive

(5)   durch Betrachtungen der Folgen für die Ausbildung wissenschaftlichen Nachwuchses, dessen fachliche Verortung sowie die Präsentation bzw. Publikation von Forschungsergebnissen.

Angestrebt wird somit ein Dialog über gegenwärtige Praktiken militärgeschichtlicher Forschung zwischen geschichtswissenschaftlicher Disziplinarität und interdisziplinärer Öffnung, die sich kritisch mit den Potentialen und Herausforderungen auseinandersetzt und über Wege nachdenkt, einen solchen Dialog zu verfestigen und für die Militärgeschichte fruchtbar zu machen.

Die Organisatoren freuen sich über Beiträge zu den oben genannten Schwerpunkten – oder mit anderen überzeugenden Thesen zum Tagungsthema – aus allen geschichtswissenschaftlichen Epochen sowie allen Disziplinen, die sich mit Forschung zur Militärgeschichte im weiten Verständnis des Arbeitskreises Militärgeschichte (portal-militaergeschichte.de) verbunden sehen. Deutlich erkennbar sollte dabei die Reflexion interdisziplinärer Zusammenarbeit bzw. der interdisziplinären Ausrichtung eines Projekts sein.

Vorschläge für Tagungsbeiträge richten Sie bitte bis zum 10. März 2018 per E-Mail unter dem Betreff "Jahrestagung AKM 2018" an Christoph Rass(chrass@uos.de). Es können sowohl Einzel- als auch Tandembeiträge (disziplinär erweiterte Perspektiven auf ein Projekt mit verlängerter Redezeit) vorgeschlagen werden. Themenvorschläge von Promovierenden sind ausdrücklich willkommen. Ihre Themenskizze sollte nicht mehr als 500 Wörter umfassen und von kurzen biobibliografischen Informationen begleitet werden.

Tagungsorte:  das Osnabrücker Schloss (Hauptgebäude der Universität) sowie der Museumspark Kalkriese (www.kalkriese-varusschlacht.de), in dem sich anhand der Forschungen zur "Varusschlacht“ die Kooperation zwischen Archäologie, Geschichts- und Naturwissenschaften sowie Pädagogik, Didaktik und Museologie in einem militärgeschichtlichen Kontext unmittelbar erfahren lässt.

-----------------------------

Kontakt:

Prof. Dr. Christoph Rass

Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung

Universität Osnabrück

+49 (0)541 969 4912 [Sekretariat -4377]

chrass@uos.de