Geschichte des Arbeitskreises Militärgeschichte

Gründung und Gründungsversammlung

„Der Arbeitskreis Militärgeschichte entstand mit dem Ziel der Förderung von Forschung und wissenschaftlichem Austausch auf dem Gebiet einer Militärgeschichte, die den traditionellen politischen und institutionellen Aspekten der Geschichte von Militär und Krieg genauso geöffnet ist wie den modernen sozial- und mentalitätshistorischen sowie kulturanthropologischen Ansätzen. Der Arbeitskreis bietet allen militärhistorisch Interessierten […] die Möglichkeit, miteinander in Verbindung zu treten. Auf diese Weise soll versucht werden, dem Informationsmangel abzuhelfen, der u.a. daraus resultiert, daß die Militärgeschichte an den deutschen Universitäten bislang kaum institutionell vertreten ist.“

Mit diesem Rundschreiben warb der gerade neu gegründete Arbeitskreis Militärgeschichte e.V. (AKM) 1995 um neue Mitglieder. Es macht die Aufgaben und Ziele des neuen Vereins deutlich: Man wollte einen Neuanfang in der deutschen Militärgeschichte schaffen, indem man sich interdisziplinären Forschungsansätzen öffnete und dabei zugleich die Militärgeschichte in Deutschland förderte. Die Idee für die Gründung eines solchen Vereins entstand nach dem Deutschen Historikertag 1994 in Leipzig. Es fanden sich hier bereits 49 Personen, die an der Gründung einer Organisation zur Förderung der Militärgeschichte interessiert waren. Besonders Stig Förster bemerkte, dass sich die Militärgeschichte wieder wachsender Beliebtheit in Deutschland erfreute. Zusammen mit den Kollegen Wilhelm Deist und Gerd Krumeich wurde in intensivem Austausch beschlossen, diese Stimmung zu nutzen, um die Militärgeschichte mittels einer Organisation zu fördern.

So schrieb Wilhelm Deist in einem Brief an seine beiden Kollegen: „Nochmals zum Ziel: Wir wollen eine Gruppierung formieren, die einerseits als Lobby – u.a. gegenüber dem Verband [gemeint ist der Historikerverband] – fungieren kann und die andererseits die Militärgeschichte wissenschaftlich fördert und sie dadurch innerhalb der Allg. Geschichtswissenschaft bekannt macht. Ausgangspunkt für diese Absicht ist die Beobachtung, daß das Interesse an diesem Fachgebiet gegenüber früher deutlich gestiegen ist.“

Wilhelm Deist sollte zur Schlüsselfigur in dieser Angelegenheit werden. Besonders durch sein Engagement war es möglich, schließlich am 20./21. Oktober 1995 die Gründungsversammlung des Vereins im Raum 4429 im Kollegiengebäude IV der Universität Freiburg im Breisgau abzuhalten. In der Gründungsrede stellte Wilhelm Deist noch einmal die Ziele des Vereins und dessen Verständnis einer modernen Militärgeschichte heraus: „Es braucht nicht besonders betont zu werden, daß wir dabei von einem weiten Begriff ‚Militärgeschichte‘ ausgehen, die sich im Wesentlichen mit den Strukturen, der Wirkungsweise und vor allem mit den Wirkungen militärischer Gewalt beschäftigt.“ Die ersten Fachvorträge hielten Stig Förster mit dem Thema ‚Clausewitz und die Militärgeschichte‘ am 20. Oktober sowie Gerd Krumeich am 21. Oktober mit dem Thema ‚Angriffs- und Verteidigungskrieg im politischen Denken des 19. Jahrhunderts‘. Bei der Gründungsversammlung waren insgesamt 79 Personen anwesend, die schließlich am 21. Oktober den Gründungsakt formell vollzogen. Gleichzeitig wurde auch zum ersten Mal der Vorstand gewählt: zum 1. Vorsitzenden wurde Wilhelm Deist gewählt, der 2. Vorsitzende wurde Gerd Krumeich, die Position des Schriftführers übernahm Susanne Brandt, zum Schatzmeister wurde Rüdiger Overmans gewählt, Stig Förster und Bernd Wegner wurden Rechnungsprüfer. Von Anfang an wurde zudem großer Wert auf die Kooperation mit anderen militärhistorischen Organisationen gelegt. So waren bei der Gründungsversammlung auch Bernhard R. Kroener und Ralf Pröve anwesend, die im gleichen Jahr den Arbeitskreis Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit e.V. gegründet hatten und an diesem Tag durch einen Vortrag darüber informierten. Bis heute setzt der AKM auf eine enge Kooperation mit anderen Organisationen, wie zum Beispiel dem Arbeitskreis Historische Friedens- und Konfliktforschung e.V., dem Hamburger Institut für Sozialforschung und dem Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (Potsdam).

Darüber hinaus wurde beschlossen, dass der Verein sein Ziel, die Militärgeschichte zu fördern, mit Hilfe von drei Instrumenten ausübt: Zum einen sollen Jahrestagung und Mitgliederversammlung, die wesentlich auch vereinsrechtliche Fragen klärt, ein Forum für aktuelle Themen der Militärgeschichte bieten. Zum anderen sollte der regelmäßig erscheinende ‚newsletter‘ diese Aufgabe erfüllen. Dieser erschien seit der Ausgabe 5/1997 als Zeitschrift. Seit 2012 ersetzt das Portal Militärgeschichte (https://portal-militaergeschichte.de) den ‚newsletter‘.

Die weitere Entwicklung des Vereins verlief sehr erfolgreich. Dass bereits die Vereinsgründung auf ein positives Echo stieß, bewiesen nicht zuletzt die im Anschluss an die Gründungsversammlung erscheinenden Presseartikel in der FAZ sowie der Badischen Zeitung. Beide Zeitungen beschrieben die Gründung des Arbeitskreises vor dem Hintergrund eines angeblichen Konfliktes im Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA), welches laut der Presseartikel zu einer Militärgeschichte zurückkehren wolle, die sich vor allem an der operativen und taktischen Ausbildung zukünftiger Offiziere orientieren solle. Der AKM wurde dabei zum Gegenentwurf zu diesem negativ konnotierten applikatorischen Verständnis von Militärgeschichte stilisiert. Das MGFA bestritt diese Vorwürfe. Wilhelm Deist betonte, dass der neugegründete Verein niemanden verdrängen wolle und keine Konfrontation suche.
Für die positive Wahrnehmung sowie den offensichtlichen Bedarf eines solchen Vereins sprach auch die Entwicklung der Mitgliederzahlen. So hatte sich die Mitgliederzahl des Vereins bis Ende des Jahres 1995 mehr als verdoppelt. Anscheinend traf diese neue Herangehensweise an die Militärgeschichte einen Nerv innerhalb von Wissenschaft und Gesellschaft.

 

Weitere Entwicklung des Vereins

Das Jahr 1996 begann für den Verein mit geringfügigen Schwierigkeiten. Das Finanzamt legte dem Verein eine Änderung der Satzung zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit nahe. Dies wurde unter anderem auch zum Thema der ersten ordentlichen Jahresmitgliederversammlung, die in München am 20. Oktober 1996 stattfand. Die Mitgliederzahl war bereits auf 172 Mitglieder gewachsen. Nach der beschlossenen Satzungsänderung wurde dem Verein schließlich die Gemeinnützigkeit zuerkannt. Auch in den Folgejahren entwickelten sich die Mitgliederzahlen des Vereins stetig nach oben. Seit 1998 hatte der Verein zudem eine eigene Website, seit 2001 eine Mailingliste, die zu Informationszwecken sowie für Anfragen dient, und seit 2002 verwendet der AKM ein Logo. In jenem Jahr musste indes der Vorsitzende und Mitbegründer des Vereins Wilhelm Deist sein Amt niederlegen. Bis zu seinem Tod im Jahr 2003 war er Ehrenvorsitzender. Im Gedenken an ihn verleiht der Verein seit 2006 regelmäßig den Wilhelm-Deist-Preis für Militärgeschichte für herausragende Abschlussarbeiten auf dem Feld. Wilhelm Deists Nachfolger als Vorstandsvorsitzender wurde Stig Förster. Der Verein erweiterte zudem seine Veranstaltungsformate. Seit 2004 bietet der AKM zusätzlich zu den Jahrestagungen auch Workshops an, wo sich die Gelegenheit bietet, Spezialthemen in einem kleineren Forum zu diskutieren. Viele der Publikationen des AKM erscheinen in der Reihe ‚Krieg in der Geschichte‘ beim Verlag Ferdinand Schöningh. Des Weiteren erscheinen Bücher nun auch in der neuen Reihe ‚Krieg und Konflikt‘ beim Campus Verlag. Zudem finden in unregelmäßigen Abständen Exkursionen statt. 2017 beschloss der langjährige Vorsitzende Stig Förster, nicht mehr zu kandidieren. Neben Gerd Krumeich (seit 2005) wurde er zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt. Sein Nachfolger als 1. Vorsitzender wurde Martin Clauss. Bis heute ist der AKM seiner bei der Gründung festgelegten Zielsetzung verpflichtet, die Militärgeschichte zu fördern. Dabei wird er auch weiterhin auf die Ausrichtung zahlreicher Veranstaltungen sowie auf die enge Kooperation mit anderen Institutionen setzen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besteht der Verein aus ca. 500 Mitgliedern und ist damit die größte deutschsprachige Vereinigung zur Militärgeschichte.

 

Vorstand

1996
1. Vorsitzender: Wilhelm Deist
2. Vorsitzender: Gerd Krumeich
Schatzmeister: Rüdiger Overmans
Schriftführerin: Susanne Brandt 

1997
1. Vorsitzender: Wilhelm Deist
2. Vorsitzender: Gerd Krumeich
Schatzmeister: Rüdiger Overmans
Schriftführer: Roland Haidl 

1999
1. Vorsitzender: Wilhelm Deist
2. Vorsitzender: Gerd Krumeich
Schatzmeister: Rüdiger Overmans
Schriftführerin: Susanne Brandt
Beisitzer: Karen Hagemann, Stig Förster 

2001
1. Vorsitzender: Wilhelm Deist
2. Vorsitzender: Gerd Krumeich
Schatzmeister: Rüdiger Overmans
Schriftführerin: Karen Hagemann
Beisitzer: Stig Förster, Jürgen Förster 

2002
1. Vorsitzender: Stig Förster
2. Vorsitzender: Gerd Krumeich
Schatzmeister: Rüdiger Overmans
Schriftführerin: Karen Hagemann
Beisitzer: Gundula Bavendamm, Jürgen Förster 

2003
1. Vorsitzender: Stig Förster
2. Vorsitzender: Gerd Krumeich
Schatzmeister: Christian Koller
Schriftführerin: Karen Hagemann
Beisitzer: Gundula Bavendamm, Daniel Hohrath, Sönke Neitzel 

2005
1. Vorsitzender: Stig Förster
2. Vorsitzender: Sönke Neitzel
Schatzmeister: Christian Koller
Schriftführerin: Gundula Bavendamm
Beisitzer: Daniel Hohrath, Markus Pöhlmann; Dierk Walter 

2007
1. Vorsitzender: Stig Förster
2. Vorsitzender: Sönke Neitzel
Schatzmeister: Christian Koller
Schriftführer: Dierk Walter
Beisitzer: Daniel Hohrath, Markus Pöhlmann 

2009
1. Vorsitzender: Stig Förster
2. Vorsitzender: Sönke Neitzel
Schatzmeister: Christian Koller
Schriftführer: Dierk Walter
Beisitzer: Daniel Hohrath, Alaric Searle, Markus Pöhlmann 

2011
1. Vorsitzende: Stig Förster
2. Vorsitzende: Sönke Neitzel
Schatzmeister: Christian Koller
Schriftführer: Dierk Walter
Beisitzer: Kerstin von Lingen, Alaric Searle, Markus Pöhlmann 

2013
1. Vorsitzender: Stig Förster
2. Vorsitzender: Sönke Neitzel
Schatzmeister: Christian Koller
Schriftführer: Dierk Walter
Beisitzer: Kerstin von Lingen, Alaric Searle, Markus Pöhlmann 

2015
1. Vorsitzender: Stig Förster
2. Vorsitzender: Martin Clauss
Schatzmeister: Christian Koller
Schriftführerin: Wencke Meteling
Beisitzer: Christoph Nübel, Alaric Searle, Markus Pöhlmann 

2017
1. Vorsitzender: Martin Clauss
2. Vorsitzender: Christoph Rass
Schatzmeister: Peter Quadflieg
Schriftführerin: Wencke Meteling
Beisitzer: Christoph Nübel, Alaric Searle, Gundula Gahlen 

2019
1. Vorsitzender: Martin Clauss
2. Vorsitzender: Christoph Rass
Schatzmeister: Peter Quadflieg
Schriftführerin: Wencke Meteling
Beisitzer: Kerstin von Lingen, Ulrike Ludwig, Christoph Nübel

2021
1. Vorsitzender: Martin Clauss
2. Vorsitzender: Kerstin von Lingen
Schatzmeister: Lukas Grawe
Schriftführerin: Wencke Meteling
Beisitzer: Isabelle Deflers, Takuma Melber, Christoph Nübel

 

Ehrenvorsitzende

Wilhelm Deist:

studierte Geschichtswissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

1956 Dissertation “Die Haltung der Westmächte gegenüber Deutschland während der Abrüstungskonferenz“

1961 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) in Freiburg

1979 Leitender Wissenschaftlicher Direktor des MGFA

1989 Leitender Historiker des MGFA

1993 Honorarprofessor an der Universität Freiburg

 

Gerd Krumeich:

studierte Geschichte und Romanistik an den Universitäten Düsseldorf, Göttingen, Innsbruck, Paris und Köln

1975 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Wolfgang J. Mommsen an der Universität Düsseldorf

1980 bis 1983 Stipendiat des Deutschen Historischen Instituts Paris

1989 Habilitation “Jeanne d’Arc in der Geschichte“ 

1990 Lehrtätigkeit an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

1997 bis 2010 Professor für Neuere Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

 

Stig Förster

studierte Geschichte und Germanistik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

1978 Assistent von Karl Otmar Freiherr von Aretin, dem Direktor des Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG) an der Technischen Hochschule Darmstadt

1982 Dissertation “Der doppelte Militarismus“

1982 bis 1987 Research Fellow am Deutschen Historischen Institut in London

1986 Forschungsaufenthalt in Indien

1986 bis 1990 mittels Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft Aufenthalt in London

1989 bis 1992 Senior Research Fellow am Deutschen Historischen Institut Washington

1990 Habilitation an der Universität Düsseldorf

1992 bis 1994 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Augsburg

1994 bis 2016 Professor für Neueste Allgemeine Geschichte an der Universität Bern

 

Text und Daten von Lucas Kirchberger (lucas.kirchberger@s2012.tu-chemnitz.de)