Vom Umgang mit den Toten - Sterben im Krieg von der Antike bis zur Gegenwart
Töten und Sterben sind konstitutive Bestandteile des Krieges. Das gegenseitige Töten und die Toten bilden eine elementare Herausforderung kriegerischen Planens, Handelns und Denkens. Das eigene Sterben sowie das Töten des Gegners sind für alle am Krieg beteiligten Akteure zu jedem Zeitpunkt explizit oder implizit präsent. Die Geschichte des Krieges als Geschichte des Todes zu schreiben führt ins Zentrum einer Militärgeschichte als Geschichte organisierter Gewalt.
Die Tagung nimmt die Praktiken im Umgang mit dem Tod der Kombattanten im diachronen und transkulturellen Vergleich in den Blick. Jede Gesellschaft, heroisch oder postheroisch, ist auf die Unterstützung zumindest eines Teiles ihrer Mitglieder angewiesen, um Kriege zu führen. Der Rechtfertigungsdruck, den jeder Krieg erzeugt, nimmt durch Anzahl und Qualität der Kriegstoten zu. Diese werden daher heroisiert, marginalisiert, ökonomisiert, kontextualisiert und geleugnet. Sterben umfasst dabei immer auch eine praktischtechnische Dimension: Wie verschafft man sich einen Überblick über die Toten, ihre Anzahl ("bodycount") und ihre Identität? Wie werden die sterblichen Überreste behandelt? Wie wird die Nachricht vom Tod den Familien überbracht? Welche Öffentlichkeiten erzeugt die Kommunikation über die Toten eines Krieges?
Wissenschaftliche Koordination: PD Dr. Martin Clauss (Technische Universität Chemnitz) | Dr. Stefanie Rüther (Universität Göttingen)
Veranstaltungsort: Bayerisches Armeemuseum, Paradeplatz 4, 85049 Ingolstadt
Anmeldung erbeten unter: info@armeemuseum.de oder schriftlich an das Bayerische Armeemuseum
Tagungsgebühr: 5 € (für Mitglieder der Arbeitskreise kostenlos)
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Programm:
Donnerstag, 18. September 2014
14.00 Ansgar Reiß (Ingolstadt) - Begrüßung | Martin Clauss (Chemnitz) - Einführung
14.30 Sektion 1: Materialität des Todes
Moderation: Martin Clauss (Chemnitz)
Harald Schulze (München): Die Toten von Marathon
Birgit Großkopf (Göttingen): Sterben jenseits des Schlachtfeldes – ein Massengrab napoleonischer Soldaten
15.45 Pause
16.15 Sektion 2: Der erzählte Tod
Moderation: Marian Füssel (Göttingen)
Christoph Schubert (Wuppertal): Die Kriegstoten im antiken Epos
Alexander Denzler (Eichstätt): Kriegstote in Selbstzeugnissen des Dreißigjährigen Krieges
Andrea Hofmann (Mainz): "Das ist also mein Anteil an dem großen Opfer!" – Deutungen des Soldatentodes in evangelischen Kriegspredigten und Andachtsschriften des Ersten Weltkriegs
18.00 Pause
19.00 Abendvortrag - Manfred Hettling (Halle-Wittenberg): Politischer Totenkult in der bürgerlichen Gesellschaft (18.-21. Jh.)
Freitag, 19. September 2014
09.00 Sektion 3: Praktiken im Umgang mit den Kriegstoten
Moderation: Kerstin von Lingen (Heidelberg)
Nina Janz (Freiburg): Der Soldatentod in der Wehrmacht - Ehrenhaine und Heldengedenken im Zweiten Weltkrieg
Marian Füssel (Göttingen): Ein "Jammer- und Todestal". Die Toten auf den Schlachtfeldern des 18. Jahrhunderts
Eike Faber (Potsdam): Demokratie, Krieg und Tod. Das klassische Athen (5. und 4. Jh. v. Chr.) und die eigenen Kriegstoten
10.45 Pause
11.15 Sektion 4: Verwaltung der Kriegstoten
Moderation: Stefanie Rüther (Göttingen)
Daniel Hohrath (Ingolstadt): Der General spricht nicht vom Tod – Verluste als Faktor im militärischen Denken des 18. und 19. Jahrhunderts
Andreas Reder (Bamberg): Leben und Sterben im fränkischen Kreisregiment von Varell und im Bamberger Subsidienbataillon – im Spiegel ihrer Militärkirchenmatrikel
Uwe Tresp (Potsdam): Der Tod ist kein Schaden. Tod und Sterben von Söldnern aus der Perspektive der spätmittelalterlichen Finanzverwaltung
13.00 Pause
14.30 Sektion 5: Das Bild der Kriegstoten
Moderation: Ansgar Reiß (Ingolstadt)
Marc Hansen (Flensburg): Die Toten der Schlacht im Großen Krieg und das Museum – Eine vergleichende Analyse der Darstellungspraxis deutscher und britischer Militärmuseen
Ralf Raths (Munster): Schockbilder, Gewaltpornographie, Abstumpfung – Gedanken zur musealen Verwendung von explizitem Bildmaterial
15.45 Pause
16.15 Besuch des Armeemuseums - Ausstellung "Der Erste Weltkrieg"
18.30 Mitgliederversammlung des Arbeitskreises Militärgeschichte und Verleihung des Wilhelm Deist-Preises
Samstag, 20. September 2014
09.00 Sektion 6: Die Öffentlichkeit der Kriegstoten
Moderation: Stig Förster (Bern)
Oliver Landolt (Schwyz): Von den Schlachtjahrzeiten zu den Wehrmännerdenkmalen – Zur Bedeutung von Kriegsgefallenen und während Kriegszeiten verstorbenen Soldaten im Gebiet der heutigen Schweiz vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart
Sebastian Jobs (Berlin): Gold Stars und Trauerflor – Kriegstote in Siegesparaden in New York City
Kaare Dahl Martinsen (Oslo): The Reception and Commemoration of German, British and Danish Soldiers Repatriated from Afghanistan
10.45 Pause
11.15 Sektion 7: Hierarchisierung von Kriegstoten
Moderation: Daniel Hohrath (Ingolstadt)
Alheydis Plassmann (Bonn): Normannen und Anglo-Normannen im Umgang mit gegnerischen Toten (1066-1200)
Martina Metzger (Ingolstadt): Hingerichtete Widerstandskämpfer und Gefallene aus dem 17. (bayerischen) Reiter- und Kavallerie-Regiment: Sinndeutungen und Bewertungen
12.30 Zusammenfassung | Diskussion - Leitung: Stefanie Rüther (Göttingen)
13.00 Tagungsende
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Kontakt:
Bayerisches Armeemuseum
Paradeplatz 4
85049 Ingolstadt
(t) +49 (0)841-9377-0
(f) +49 (0)841-9377-200